“An Automatisierung zu forschen bedeutet, über die Zukunft nachzudenken”

Mahrokh Ghoddousiboroujeni ist eine Doktorandin im ersten Jahr, die im letzten November zum Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) Automation gestossen ist. Die Algorithmen, an denen sie arbeitet, könnten eines Tages helfen, ein zunehmend erneuerbares Stromnetz im Gleichgewicht zu halten.
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Mahrokh, Sie haben Ihr Grundstudium an der Sharif University of Technology in Teheran, Iran, absolviert.  Wie anders war die akademische Welt im Iran?

Ein grosser Unterschied, den ich erlebt habe, war die Diskussion über Chancengleichheit. In der Schweiz höre ich viel darüber, mehr Frauen in MINT-Fächer zu motivieren. Im Iran kümmert sich niemand darum, weil bereits so viele Mädchen in den Bereichen Ingenieurwesen, Elektrotechnik usw. gibt. Ich war also ziemlich überrascht, sogar schockiert, dass in der Schweiz so wenige Mädchen diese Fächer studieren.

Was denken Sie, warum ist es hier so anders?

Ich weiss nicht, welche Barrieren Frauen hier davon abhalten, Ingenieurwissenschaften und ähnliche Fächer zu studieren - vielleicht ist es eine Frage des Selbstbewusstseins. Sie denken vielleicht, dass sie es nicht schaffen. Aber für junge Frauen im Iran ist das ganz anders. Dort ist es völlig normal, dass sie sich für diese Fächer entscheiden.

Gab es einen bestimmten Grund, warum Sie sich trotzdem für ein weiteres Studium im Ausland entschieden haben?

Mein Hauptziel war es, an einer hochrangigen Universität zu studieren und mit führenden Forschern auf diesem Gebiet zusammenzuarbeiten. Während meines Bachelorstudiums habe ich zwei Praktika in der Schweiz gemacht - eines an der ETH und das andere an der EPFL. Beides sind exzellente Hochschulen und mir haben die Erfahrungen dort sehr gut gefallen. Ausserdem bin ich besonders daran interessiert, Technologien für erneuerbare Energien in das bestehende System zu integrieren, worauf auch die ETH und die EPFL einen Schwerpunkt legen. Deshalb wollte ich für meine Promotion wieder hier her kommen.

Worum geht es bei Ihrem NFS-Projekt?

Ich entwickle lernende Algorithmen für Regelsysteme, die verschiedene Elemente von Stromnetzen autonome Entscheidungen treffen lassen. Das bedeutet, dass sie sich an Dinge wie eine veränderte Nachfrage der Verbraucher oder ein verändertes Angebot des Netzes anpassen können.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Bisher betrachte ich intelligente Lasten auf der Haushaltsebene - Dinge wie Waschmaschinen, deren Verbrauch extern gesteuert werden kann. Nehmen wir an, Sie wollen, dass Ihre Wäsche am nächsten Morgen bis 8 Uhr gewaschen ist. Wann genau ist Ihnen aber egal. Basierend auf den Bedingungen im Stromnetz kann der Algorithmus des Steuerungsmoduls in der Waschmaschine das für Sie entscheiden. So kann etwa der Stromverbrauch in Zeiten hohen Bedarfs reduziert werden. Die Entscheidungen des Algorithmus berücksichtigen auch den vergangenen Verbrauch der Haushalte, um Muster abzuleiten und Vorhersagen zu treffen, so dass mögliche Unannehmlichkeiten für die Haushalte minimiert werden.  Der unmittelbare Nutzen für die Haushalte ist die Reduzierung der Stromkosten. Aufgrund der Möglichkeit, die Nachfrage zu verlagern, könnte dies auch dazu beitragen, mehr erneuerbare Energieressourcen in das Stromnetz einzubinden.

Das klingt futuristisch.

Ja, wir wissen nicht, wann genau diese Algorithmen zum Einsatz kommen könnten. Die Welt könnte sich bis dahin schon ziemlich verändert haben. Wer also in diesem Bereich forscht, muss sich Gedanken darüber machen, wie die Zukunft aussehen könnte, und das einkalkulieren.

Wie fügt sich Ihr Projekt in den NFS als Ganzes ein?

Eines der Ziele des NFS ist es, herauszufinden, wie man mehr erneuerbare Energien in das Stromnetz integrieren kann. Flexible Lasten, wie die Waschmaschinen, können dabei helfen. Hier passt mein Projekt also hinein, würde ich sagen.

Wie beeinflusst der NFS Ihre Arbeit?

Es gibt einige Forschungsgruppen innerhalb des NFS, die an ähnlichen Themen arbeiten. Ich bin sehr begeistert davon, zu erfahren, woran sie genau arbeiten, welche Probleme sie lösen wollen und wie sie dabei vorgehen. Ich denke, der NFS kann uns helfen, diese engen Verbindungen herzustellen. Darauf freue ich mich!

 

 

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