Neue Regelungstechnik könnte den Energieverbrauch beim Heizen halbieren

Heizkosten, insbesondere für diejenigen, die auf fossile Brennstoffe angewiesen sind, steigen rapide an. Regierungen fordern Unternehmen und Haushalte auf, ihren Energieverbrauch einzuschränken – etwa durch Herunterdrehen der Thermostate. Der (die) kommende(n) Winter könnte(n) daher nicht nur teuer, sondern auch ungemütlich werden.
Eine vielversprechende Möglichkeit, hier Abhilfe zu schaffen, bieten die Arbeiten von Forschenden des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) Automation, der ETH Zürich und der Empa. Indem sie den Energieverbrauch für das Heizen deutlich reduzieren, Sie könnten dabei helfen, die Situation zu entschärfen – und das ohne merklichen Komfortsverlust. Ihre Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Applied Energy veröffentlicht.
Eine intelligentere Nutzung von Thermostaten

"In vielen Gebäuden wird die Raumtemperatur derzeit mit sehr einfachen Thermostaten geregelt. Sie schalten sich ein, wenn die Temperatur nicht dem gewünschten Wert entspricht, und schalten wieder aus, wenn der Wert stimmt", sagt Felix Bünning, Hauptautor der Studie, Forscher an der Empa und assoziierter Mitarbeiter des NFS Automation. Das Forschungsteam hielt dies für eine eher schlechte Lösung und machte sich auf die Suche nach einer besseren Lösung.
"Unsere Idee war es, einen intelligenteren Thermostat zu entwickeln – einen, der seine Heizstrategie an die Vorhersagen der äusseren Bedingungen wie Wetter, Anforderungen der Nutzer usw. anpassen kann", sagt Studienmitautor Ahmed Aboudonia, Forscher an der ETH Zürich und assoziierter Mitarbeiter des NFS Automation. Die Herausforderung bei dieser Idee: Sie erfordert eine genaue Kenntnis des Gebäudes und der Verhaltensmuster seiner Bewohner – sprich ein exaktes Gebäudemodell. Und da kaum zwei Gebäude gleich sind, würde jede Installation ein neues Modell erfordern. Der Ansatz würde sehr aufwändig und damit teuer. Zu teuer, um praktikabel zu sein.
Erfolgreiche Praxistests

"Um diesen Aufwand und die Kosten zu reduzieren, beschlossen wir, einen Algorithmus für maschinelles Lernen zu entwickeln, der auf der Grundlage von Messdaten ein passendes Modell für jedes beliebige Gebäude erstellen kann", erklärt Aboudonia. Anhand dieses Modells leitete das Team dann ein prädiktives Steuerungssystem für den Thermostat ab. Dieses optimiert den Wasserdurchfluss in der Heizungsinfrastruktur. Im bewohnten NEST-Gebäude der Empa testeten sie ihr System in einer realen Umgebung – etwas, das für ein solches System mit einem datenbasierten Modell zuvor nur selten versucht worden war.
"Durch die Anpassung der Intensität und des Zeitpunkts der Erwärmung auf der Grundlage der prädiktiven Regelungsstrategie konnten wir den Energieverbrauch im Vergleich zu einer herkömmlichen Thermostatsteuerung um 26 bis 49 Prozent senken", sagt Bünning. "Unser System kann ausserdem auch zur Kühlung von Gebäuden eingesetzt werden, was in der Schweiz aufgrund des Klimawandels eine immer grössere Rolle spielen wird."
"Der nächste Schritt, an dem wir derzeit arbeiten, ist die Weiterentwicklung eines marktreifen Produkts mit Partnern aus der Industrie", so Bünning. Eine Reihe von Pilotprojekten läuft bereits oder ist geplant. "Wir hoffen, mit dieser Technologie einen Beitrag zur Senkung des Energieverbrauchs in Gebäuden zu leisten und damit nicht nur die aktuelle Energiekrise zu entschärfen, sondern auch die Treibhausgasemissionen des Gebäudesektors langfristig zu reduzieren", so Bünning abschliessend.
Angaben zur Publikation: Physics-informed linear regression is competitive with two Machine Learning methods in residential building MPC, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0306261921017098