Smart-Grid-Lösung für die Schweizer Energiezukunft
Der ETH Zürich-Forscher Lukas Ortmann arbeitet mit der AEW Energie AG, dem Energieversorger des Kantons Aargau, zusammen, um Echtzeitmessungen und modernste Algorithmen zur Fernsteuerung von Solarwechselrichtern im Netz zu nutzen. Langfristig kann diese virtuelle Netzverstärkung die Blindleistung und Spannung der AEW-Teilnetze entsprechend regeln. Somit können mehr erneuerbare Energieerzeuger an einem Trafo-Strang angeschlossen werden und die vorhandene Netzkapazität besser auslasten, ohne zusätzliche, mit hohen Kosten verbundenen, Netzverstärkungen vorzunehmen.
Im Detail: Der Algorithmus, Online Feedback Optimization genannt, löst ein Optimierungsproblem (z.B. Minimierung von Stromverlusten oder wirtschaftlichen Kosten). Seine Neuheit besteht darin, dass er kein detailliertes Systemmodell verwendet, um offline optimale Aktionen zu berechnen, sondern stattdessen wiederholt kleine Schritte in Richtung des effizientesten Betriebspunkts unternimmt, indem er nur Messungen aus dem Netz verwendet. Im AEW Netz sammelt der Algorithmus in Echtzeit Spannungs- und Blindleistungsflussmessungen aus dem Netz, aktualisiert die Sollwerte für die Photovoltaik-Wechselrichter, um die Blindleistungsflusskosten zu senken, und sendet diese Befehle an die Photovoltaik-Wechselrichter. Diese algorithmische Entscheidungsfindung sorgt für einen optimierten Betrieb auf der Grundlage kontinuierlich gesammelter Feedback-Daten, was zu mehr Effizienz und grösserer Ausfallsicherheit im gesamten Netz führt und teure und störende Hardware-Lösungen überflüssig macht.
Die erfolgreiche Pilotimplementierung lieferte hervorragende Ergebnisse bei der Steuerung der Blindleistungserzeugung einer einzelnen Solaranlage und deutet auf eine potenziell grosse Wirkung hin, wenn diese Softwarelösung in der Energieinfrastruktur breiter eingesetzt würde: Sie ist ein hochwirksames Instrument, um die zunehmende Nutzung der Solarenergie zu ermöglichen, die ein wichtiger Bestandteil der Schweizer Energiestrategie 2050 ist.
Ortmann sagte: "Die Lösung des Problems einer sicheren, effizienten Energieversorgung ist ein idealer Anwendungsfall, aber die Technologie hat ein viel breiteres Potenzial. Ich sehe ähnliche Möglichkeiten für viele Anwendungen, bei denen ein technisches System effizient gesteuert und genutzt werden muss. Beispiele finden sich im Verteilnetz, im Übertragungsnetz und darüber hinaus."
Die mathematische Grundlage hinter dieser innovativen Smart-Grid-Lösung wurde unter der Leitung von Dr. Saverio Bolognani in der Gruppe von Prof. Florian Dörfler am Institut für Automatik (IfA) der ETH Zürich und dem NFS Automation mit Unterstützung des Bundesamt für Energies entwickelt.
Dr. Moser vom Bundesamt für Energie sagt: "Dieses Projekt ist der Höhepunkt von acht Jahren Forschung im Bereich der Online-Feedback-Optimierung. Was als sehr theoretische Forschung begann, hat sich zu einer spannenden, praktischen Lösung für ein dringendes reales Problem mit grossem gesellschaftlichem Nutzen entwickelt." Ortmann fügt hinzu: "Die Bereitschaft der AEW, innovative Ideen im Dienste einer robusten Energieversorgung zu erforschen, hat sie zu einem idealen Partner für uns gemacht, um diese Technologie zu verfeinern, die letztlich der ganzen Schweiz hilft."
Alessandro Scozzafava, Teamleiter für Netzentwicklung bei der AEW, dazu: "Dieses Projekt ist ein eindrucksvolles Beispiel für das optimale Zusammenspiel von Innovation, Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit - drei unserer wichtigsten Werte. Die Bereitstellung von optimierten Netzen und Netzdienstleistungen für den nationalen Bedarf ist eine komplexe Herausforderung, und wir haben alle festgestellt, wie die Energieversorgung auf externe Einflüsse reagiert. Die Solarenergie hat ein enormes Potenzial zur Verringerung der CO2-Emissionen bei der Energieerzeugung, doch der entsprechende Netzausbau ist in der Regel mit hohen Kosten verbunden. Mit der einfachen, smarten Automatisierung, die das Team von Lukas Ortmann entwickelt hat, können wir einen Beitrag zu einem Netz der Zukunft mit dezentralen erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen leisten. Gleichzeitig erfolgt mit dieser Blindleistungsregelung eine Spannungsregelung, was uns in die Lage versetzt, die steigende Nachfrage nach erneuerbaren Energien zu bewältigen und kostenintensive Netzausbauten entsprechend zu etappieren. Des Weiteren eröffnen sich neue Möglichkeiten einer finanziellen Entschädigung für PVA-Besitzer, welche ihre Anlagen für solche Netzdienstleistungen zur Verfügung stellen und somit gar einen weiteren Anreiz für den Bau neuer PVA schaffen kann."
“Das Team um Lukas Ortmann erprobt seine Forschungsergebnisse in der realen Umgebung und leistet damit den Transfer in die Praxis. Die erfolgreiche Demonstration in einem Stromnetz zeigt, dass die Methode relevant für die Anwendung im Netzbetrieb ist. Darüber hinaus können auch andere Herausforderungen im Stromnetz und wichtige Erweiterungen des hier gezeigten Anwendungsfalls mit dieser Methode angegangen werden. Ich sehe großes Potential in der Verwendung solcher datengestützer Verfahren, die auf Messungen und erweiterbaren Optimierungsalgorithmen basieren.” sagt Mathias Duckheim, Senior Key Expert bei Siemens
Für weitere Informationen zur Online-Feedback-Optimierung präsentiert Lukas Ortmann einen tiefen Einblick (nur EN):
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Linda Seward oder besuchen Sie die Projektwebsite.